Lieber Klaus,
Deine Erfahrung ist symptomatisch!
Die Besitzer dieser Medien und das sind nicht nur Archive sondern auch Privatpersonen sind mit den einfachsten Regeln im Umgang mit Nitrozellulose nicht vertraut. Die einen denken sich "was solls" und andere sind übervorsichtig. In beiden Fällen ist Unwissenheit die Ursache! Wie überall in unserem analogen Leben gibt es aber zwischen den digitalen Zuständen "1" und "0" noch unendlich viele andere Zustände. In jedem Fall sollte eine indivduelle Beurteilung der Lage erfolgen. In welchem Zustand befindet das Material? Wieviel ist es? Was passiert nach der Digitalisierung damit? Das sind nur einige Aspekte der Betrachtung. In keinem Fall darf uns eine von Angst und Panik getrieben Entscheidung treiben.
Nach Möglichkeit sollen alle in Frage kommenden Dienstleister verpflichtet werden die Materialien zu besichtigen. Der Transport ist beim Dienstleister auch in der richtigen Hand denn das ist ein Gefahrguttransport der nach ADR besonderen Auflagen unterliegt. Eine erfahrener Dienstleister sollte wissen welche Unterlagen er als Frachtführer mitführen muss. Ein Kühlfahrzeug ist nicht zwingend nötig, Styroporboxen mit Eisakkus geben mehr Sicherheit und ein Transport bei 30°C im Kofferraum eines schwarzen KFZ sollte aus Vernunftsgründen auch unterlassen werden.
Bei kleineren Mengen ist auch der Paketversand als "Gefahrgut" eine gute Alternative. Auch hier gilt es sich VORHER kundig zu machen was dafür nötig ist.
Das Beispiel aus meinem ersten Beitrag ist ein echter Klassiker wie wir ihn hier mindestens einmal im Monat erleben.
Eine Lösung für den Kunden habe ich nicht. Ich kann ihn nur belehren und informieren. Was er am Ende macht kann ich nicht beeinflussen.
Oder um es anders auszudrücken, ich muss ihn mit seinem Problem alleine lassen!
Leider weigert sich das Bundesarchiv, welches sich in einer geringen Entfernung von unserem Firmensitz in Hoppegarten befindet, grundsätzlich so ein Nitromaterial anzunehmen und zu vernichten. Auch nicht gegen Bezahlung!
Das ist in meinen Augen einfach nur skandalös! Allenthalben reden wir von Umweltschutz und was glaubt ihr wird der polnische Gast nun machen? In seinen Keller legt er es bestimmt nicht wieder, aber der Weg nach Hause führt ihn durch waldreiche Gegenden...ist nur so ein Gedanke!
Im Bereich der Gedächtniseinrichtungen kann die bundeseigene GEKA GmbH mit der Entsorgung beauftragt werden. Rechnen Sie hier bitte aber mit mindestens 500,00Euro für Kleine und Kleinstmengen!
Ansonsten ist jede Lagerung die vom übrigen Archivgut getrennt ist besser als nichts. Auch ein alter Kühlschrank ist besser als ein warmer Keller und sollte das Problem als Interimslösung entschärfen.
Separierte Bunker, wie sie das Bundesarchiv in Hoppegarten unterhält, werden in den meisten Fällen nicht zur Verfügung stehen.
Vielleicht liest hier ja auch ein Mitarbeiter vom Bundesarchiv mit und klinkt sich ein!